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Buch über Züri-TirggelWie Sie Tirggel lieben lernen

Der Tirggel zeigt die Minerva, das erste Dampfschiff auf dem Zürichsee.

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Es sind böse Zungen, die behaupten, man könne ihn nur lieben, wenn man zwischen Züriberg und Uetliberg aufgewachsen sei. Es stimmt aber, dass es ein gewisses Know-how verbunden mit Zungenfertigkeit braucht, um den typischen Züri-Tirggel zu geniessen.

Beides wird in dem eben erschienenen Züri-Tirggel-Buch vermittelt. Die Kurzfassung des Tirggel-Liebhabers und Zürcher Schriftstellers Edwin Arnet (1901–1962) lautet so: «Man trölt den Tirggelsplitter im Mund, und die Zunge geht damit um wie ein Brautbewerber mit der Schwiegermutter.»

Die ersten Rezepte zu Züri-Tirggel stammen aus dem 17. Jahrhundert, erwähnt werden sie aber schon im Mittelalter. Allerdings wollte der von zwinglianischem Gedankengut geprägte Zürcher Rat die Tirggel lange Zeit am liebsten verbieten, weil sie nicht nur religiöse, sondern auch weltliche Motive, etwa einen Liebesschwur, aufwiesen.

Tirggel werden bei 400 Grad Oberhitze nur gerade neunzig Sekunden geflämmt.

Es gelang aber nie, dieses Gebäck aus den Zürcher Backstuben zu verbannen. Denn der Tirggel war zwar süss, aber weniger opulent als buttrige Blätterteiggebäcke wie etwa Spanischbrötli. Zudem galten Zucker und Honig lange Zeit als Medizin und Gewürz, was selbst der gestrenge Zürcher Rat zulassen musste.

Denn es den städtischen Bäckern verboten war, Luxusgebäcke mit viel Butter oder Marzipan herzustellen, spezialisierten sie sich auf den eher kargen Tirggel. So wurde dieser zum typisch zürcherischen Festtagsgebäck

Dass man aber auch in Zürich – trotz offizieller Sittenmandate – zuweilen über die Stränge schlug, zeigt sich an einem Dialektausdruck, der in manchen Zürcher Familien noch in Gebrauch ist: «Einen Tirggel haben.» Was so viel heisst wie eins, zwei oder drei über den Durst getrunken zu haben. Und wer dies zu exzessiv tat, erhielt einen Tirggel in der Zeitung – eine Todesanzeige.

In der Tirggelbäckerei: Die Familie und Mitglieder des Horgner Tirggelbäckers Eugen Frei (undatiert).

Die Faszination für Tirggel hat nicht nur mit ihrem Geschmack, sondern auch mit den Bildern zu tun, die sie zieren. Der Züri-Tirggel ist das älteste noch existierende Bildgebäck der Schweiz.

Models aus dem 3-D-Drucker

Heute ist es dank 3-D-Drucker ein Leichtes, zu jedem erdenklichen Motiv ein Model zu erstellen. Einst aber brachten es begabte Modelstecher durchaus zu einem gewissen Ruhm. Sie orientierten sich oft an traditionellen Motiven, gingen aber bald auch mit dem Zeitgeist.

Anfänglich wurden vor allem religiöse Motive in den Teig gedruckt. Doch mit dem aufflammenden Patriotismus wurden Wilhelm Tell, Winkelried, ja sogar Zwingli zum Tirggelstar. Touristische Motive wie die Minerva, das erste Dampfschiff, das auf dem Zürichsee fuhr, wurden beliebt – und als Postkarten versendet. Zünftige Familien liessen ihre Wappen in Tirggel drucken.

Tirggel wurden zu Liebesbriefen umfunktioniert oder zu Flugblättern, die von Naturkatastrophen berichteten, gesellschaftliche Skandale anprangerten oder politische Gegner verunglimpften. Es gibt gute Gründe, den Züri-Tirggel als erstes Massenmedium Zürichs zu bezeichnen, das wohl auch gelegentlich Fake News verbreitete.

Tirggel-Lager bei der St.-Jakob-Produktionsstätte.

Züri-Tirggel wurden im 19. Jahrhundert an vielen Orten im Kanton Zürich gebacken. Bekannte Tirggelbäckereien gab in Horgen, Wädenswil, Meilen und Wald. Heute backen im Kanton Zürich nur noch eine Handvoll Produzenten Tirggel, so etwa Suter Tirggel in Wädenswil.

Als reines Handwerk betreiben die Tirggelbäckerei in der Stadt Zürich noch die Stiftung St. Jakob und saisonal die Confiserie Teuscher.

Dominik Flammer, Urs Jäckle: Züri-Tirggel und andere Feiertagsgebäcke, AT-Verlag, ca. 24 Fr.

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